Restauration BMW R71

Motorinstandsetzung BMW R71 (und dann das ganze Krad)

Anlieferung

Angeliefert wurde ein teilzerlegter BMW R71 Motor, Baujahr 1939. Die komplette Instandsetzung erfolgte vor 20 km (in Worten: zwanzig Kilometern). Die Analyse ergab einen kapitalen Motorschaden. Beide Kolben waren in den Laufbuchsen extrem festgelaufen. Der linke Kolben ließ sich nicht vom Pleuel abnehmen. Der Kolbenbolzen war in der Buchse vom Pleuelauge fest.

Schadensbild im Detail

  • Sehr starker und nachhaltiger Kolbenklemmer links., eine starke Riefenbildung rundum - mit reichlich Materialbewegung am Kolben, bis hin zu abgeschoben Material in/ an der Lauffläche.
  • Kolben links mit Kolbenbolzen im Pleuelauge festgegangen, somit ist der Kolben nicht ohne weiteres abzunehmen.
  • Links ist der Öldruckkanal zur Ölversorgung der Laufbuchse/ Kolben mit einer falschen Fußdichtung verschlossen worden.
  • Starker Kolbenklemmer rechts.
  • Sehr wahrscheinlich ist ein zu kleines Einbauspiel zu den ungarischen HGM – Kolben gewählt worden. Diese Kolben sind für Ihren ungleichmäßigen Ausdehnungskoeffizient bekannt.
  • Sehr wahrscheinlich ist eine russische Kurbelwelle verbaut, weil die Kolbenbolzen das Maß von 21 mm ( BMW = 18 mm ) aufweisen.
  • Die Schwungscheibe am Wellendichtringsitz zeigt einen misslungenen Reparaturversuch durch Aufschweißung. Sehr mangelhafte Ausführung. Der Sitz ist ungleichmäßig und bei Weitem nicht eben. Übriggebliebene nicht verschlossene Bereiche in Form von anscheinender Rissbildung. Auf dem Schaftende noch verbliebene Schweißperlen und Schleifspuren ( vermutlich von mangelhafter Beschleifung von einem Winkelschleifer ) Weiterhin ist der Sitz mit 49,4mm untermaßig gefertigt Das Sollmaß beträgt 50 mm.
  • Die Wellscheibe zwischen Kurbelwelle und Schwungrad fehlt !!!
  • Eine Kupplungsscheibe ist kurz vor dem Aufsetzen der Nieten und somit am Verschleißende. Schlechter Allgemeinzustand der gesamten Kupplungsanlage.
  • Die Ölwanne ist an den Schraublöchern (12 Stück - M6) stark eingezogen. An der Ölablassschraube wurde ein neues Gewinde eingeschweißt. Gewinde am Ende für die Ablassschraube verschweißt und somit zu kurz. Durch das Schweißen ist die Ölwanne verzogen.
  • Neuer Wellendichtring 16x30x7 im Stirndeckel beim Zusammenbau zerstört.
  • Stehbolzen M6 für Befestigung der Ventilstößelführungen zu lang, somit kann die Schraube vom Ventildeckel rechts nicht Schadenfrei eingedreht werden – Gewindebeschädigung im Gehäuse möglich.
  • Gewinde für Lima-Druck-Spanner schon von 8 auf 10 erweitert und wieder defekt.
  • 3 x M8 Gewinde in der Kupplungsglocke zur Aufnahme des Getriebes sehr fragwürdig bis unbrauchbar.
  • Teilweise stark verschlissene Schrauben und Muttern
  • Viel Dichtmasse unsinnig verklebt, hier und da wo es denn notwendig wäre ist keine….
  • Im Ölkanalsystem und Kurbelgehäuse Dichtmasse-Reste…
  • Stirndeckelverschraubungen: hier sind die Senkkopfschrauben M6 im Konus zu hoch, somit kann der Abschlussdeckel vorn nicht wassergeschützt abschließen.
  • Zündkerzen mit einem Wärmewert von nur 145 und in flacher Elektroden-Bauart verbaut. Sollwert 175 bzw. bis 200 ( heute 175 +) oder bei warmen Temperaturen, flotter Gangart, starker Beanspruchung oder schwerem Gelände, dann 225-er Zündkerzen.
  • Der Dichtflächenübergang der Ventildeckelöffnung vom Zylinder zum Kurbelgehäuse hat einen starken Versatz.

Instandsetzung/ Restauration/ Zusammenbau

Die Verwendung bester bzw. sinnvollster Materialien, wie auch die Ausführung aller Tätigkeiten nach bestem Wissen und Gewissen stellt bei mir einen Grundsatz dar. Alle Ausführungen erfolgen in Anlehnung an originalitätsgetreuer Optik und größter möglicher Funktionalität.

Die Buchse im linken Pleuelauge konnte gerettet werden. Mit sehr vorsichtiger Schleifung und Reibung war das gewünschte Einbauspiel wieder erreichbar. Die Schmierbohrungen wurden nachgesetzt. In Funktionalität komplett in Ordnung.

Es wurden von im Gesenk geschmiedeten Kolben verwendet. Der Ausdehnungskoeffizient liegt in einem sehr übersichtlichen Bereich.  Mit mit einem adäquaten Einbauspiel in der Laufbuchse kann eine langer Lebensdauer sichergestellt werden.

Die Angleichung und Anpassung des Ansaugkanales im Zylinder links und rechts an die Vergaser (chinesisch/ russischerBauart mit 28mm Durchlass) erfolgt im Fräsverfahren. Diese Vergaser sind uneingeschränkt nutzbar, in guter Qualität und dem originalen Graetzin-Vergaser baugleich! Eine sehr gute Alternative und bei etwas Mühe bei der Anpassung dem Graetzin zum verwechseln ähnlich.

Umbau der Vergaseranlage im Übergang vom Zylinder zum Vergaser mit einer hohen Wärmeentkopplung des Vergasers vom Zylinder. Hierdurch wird eine hohe und gleichmäßige Zuverlässigkeit der Gemischaufbereitung auch bei hoher Temperaturbelastung gewährleistet. Der Kraftstoffverbrauch wird minimiert und eine Abmagerung bei hohen Temperaturen entgegengewirkt, was einer weiteren höheren Temperaturentwicklung des Motors entgegenwirkt. Das Anspringverhalten des Motors wird auch bei hohen Temperaturen problemlos sein. Dies wird durch jeweils 2 Isolierflansche und ergonomisch und strömungstechnisch angepasste (selbst gefertigte) Hitze-/ Thermoschutzleitbleche erreicht.

Der Wellendichtringsitz am Schwungrad ist komplett erneuert. Aufschweißungen durchführen, abdrehen, nacharbeiten, feindrehen und feinpolieren. Die fehlende Wellscheibe, die das Ölleitblech festsetzt und das Wandern des Kurbelwellenlagers auf der Kurbelwelle und im Gehäuse verhindert ist neu angefertigt worden.

Das 5-Teilige Kupplungspaket ist neu. Die Druckfedern waren nicht alt und bei bester Substanz und sind wieder verbaut worden.

Das Ventilspiel ist neu und nun korrekt eingestellt.

Die Dichtflächen im Bereich der Ventildeckel sind gegenseitig ( Zylinder – Kurbelgehäuse ) nachgearbeitet und angepasst worden.

Die Schrauben für die Ventildeckel sind extra angefertigt, um eine adäquate Optik zu erreichen. Die zuvor verwendeten Kreuzschlitzschrauben sind ein Frevel.

Die Zylinderfußdichtungen wie auch die Ölpumpendichtung sind selbst gefertigt, weil die gelieferten Dichtungen zu stark und zudem sehr ungenau gefertigt sind.

Das von der Nockenwelle bewegte Antriebsrad zur Ölpumpe ist in seinem Höhenspiel ausgeglichen worden. Der Verschlussdeckel erhielt eine selbst gefertigte Dichtung. Die Ölpumpenzuleitung im Kurbelgehäuse sind auf Durchgang geprüft und gereinigt worden (alte Dichtmassereste). Die Nockenwelle / der Lagerdeckel ist mit neuen Schrauben befestigt worden.

Im Stirndeckel ist ein neuer Wellendichtring für die Nockenwelle eingesetzt worden. Das Aufschieben auf die Nockenwelle ist wirklich nur mit einem Hilfswerkzeug schadenfrei möglich. Die Zündkabeldurchführungen sind auf exakt 12mm gerieben. Somit können diese Löcher bei einer weiteren Montage zur Stirndeckelzentrierung genutzt werden und auch die Kabeldurchführungen können jetzt problemlos eingeschoben werden. Die Schlitzschrauben sind ebenfalls angefertigt. Diese passen in die Konen, somit liegt dann auch der Abschlussdeckel perfekt an und schützt die dahinterliegende Zündanlage vor Wasser- und Schmutzeinwirkungen. Die vorher verwendeten Inbusschrauben passten weder zur originalen Optik, noch in die Konen des Stirndeckels.

Die Ölwanne ist komplett rundum am Dichtsitz gerichtet. Das Gewinde der Ablassschraube ist nachgearbeitet. Die Rundung der Zugangsöffnung zur Ablassschraube ist ebenfalls zur optischen Optimierung nachgearbeitet. Die Ölwanne ist komplett vom alten Lack befreit worden, einer Reinigung unterzogen worden und bekam einen 3- Schicht-Lackaufbau mit 7 aufgelegten Schichten. Bei den Verschraubungen sind angepasste und extra starke Unterlegscheiben verwendet worden. Das verhindert den starken Verzug der Ölwanne im Bereich der Befestigungslöcher und erhöht den Sitz und die Dichtigkeit zum Motorgehäuse.

Das Motoröl ist unlegiert, das ist bei einem Ölsystem ohne Hauptstromfilter erforderlich. Allerdings ist dieses Öl mit einem kleinen Anteil eines hochwertig legierten Öles versetzt, um die Ölschlammbildung im Motorgehäuse und deren Kanäle möglichst gering zu halten. Somit wird der Ölschlamm nur in der Ölwanne abgelagert. Ein Liter Nachfüllöl wird mitgeliefert.

Die Platin-Zündkerzen von Bosch sind mit einem Wärmewert von 175 eingesetzt. Die Elektrode ist angehoben, diese kann besser vom Kraftstoff-Luft-Gemisch umspült werden, das dann auch besser zündet. Das mit Stoff umwebte Zündkabel und die Kerzenstecker sind eine optische Hommage an die damalige Zeit.

Die Kurbelwelle, die Nockenwelle und die Ventilstößel sind nicht aus dem Kurbelgehäuse entnommen worden. Eine

Begutachtung ist von „außen“ erfolgt, in der Hoffnung dass hier keine Fehler zu erwarten sind.


Aufgewendete Arbeitsstunden zur Motor-Instandsetzung: 36 h

Und dann ging es weiter ...

Und dann wurde mir das ganze Krad übergeben, um einen fahrbaren und zuverlässigen Zustand um den neu

hergerichteten Motor zu erstellen.

Jetzt fährt das Krad zur besten Freude des Besitzers einwandfrei.

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